ANTRAG
Der Umwelt-, Energie- und Verkehrsausschuss beschließt:
Kein Einsatz glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel und anderer Pestizide auf städtischen/gemeindlichen Flächen – Information der Bürgerinnen und Bürger über pestizidfreien ökologischen Gartenbau
- Die Verwaltung wird gebeten, darzustellen, ob und ggf. in welchem Umfang das Pflanzengift Glyphosat oder andere Pestizide (Herbizide, Fungizide, Insektizide) durch den Bauhof oder andere Einrichtungen der Gemeinde Tutzing eingesetzt werden.
- Sollten diese eingesetzt werden, wird dieser Einsatz mit sofortiger Wirkung gestoppt.
- Insbesondere der Einsatz von bienengefährlichen Stoffen (u.a. Neonikotonoide) wird untersagt.
- Die Gemeinde Tutzing klärt auf ihrer Homepage die Besucherinnen und Besucher über die Pestizide auf, stellt dar, warum die Stadt auf den Einsatz verzichtet und spricht eine Empfehlung für die Hobbygärtnerinnen und –gärtner aus.
- Pächterinnen und Pächter von gemeindlichen Flächen werden ebenso zur Einhaltung der Regeln zur Vermeidung von Pflanzenschutzmitteln verpflichtet.
- Bei gemeindlichen Friedhöfen sollen die Satzungen dementsprechend angepasst werden.
- Das Ausbringen von Klärschlamm wird verboten.
- Der Umbruch von Grünland zu Ackerland auf gemeindlichen Flächen wird aus Gründen des Boden- und Klimaschutzes nicht gestattet.
- Die Gemeinde richtet ein Streusalzmonitoring ein, um die Aufwandsmengen des Streusalzes und in der Folge von Bodenhilfsstoffen und Dünger im Straßenbegleitgrün zu minimieren.
- Die Gemeinde Tutzing verpflichtet sich, bei Garten- und Pflanzarbeiten in Zukunft nach den Grundsätzen des ökologischen Gartenbaus zu verfahren, und spricht ein Verbot gegen den Einsatz von mineralischen Düngemitteln („Kunstdünger“), insbesondere von Stickstoffdüngern auf ihren Pachtflächen aus.
- Als Straßenbegleitgrün und auf Grünflächen werden vornehmlich Wildblumen angesät zur Steigerung der Biodiversität kommunaler Grünflächen.
- Vorhandene Feldgehölze (Hecken und Einzelbäume) sollen aufgrund ihrer Biotopfunktion durch die Pächter Gemeinde erhalten werden. Einer Verbuschung von wertvollen Biotopflächen soll allerdings entgegengewirkt werden.
- Bei eigenen oder fremdvergebenen Pflanzarbeiten im Gemeindegebiet wird auf die Ausbringung von Torf verzichtet. Informationen zur Initiative „Gärtnern ohne Torf – Ein Beitrag zum Moor- und Klimaschutz“ werden mit Bezugsquellen von torffreien Erden in den Schaukästen der gemeindlichen Friedhöfe angeboten.
- Der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf landwirtschaftlich genutzten Flächen der Gemeinde wird nicht gestattet.
Begründung:
Glyphosat wird in verschiedenen Produkten als Mittel zur Unkrautbekämpfung eingesetzt in Landwirtschaft, Gartenbau und Privathaushalten. Seit Jahren mehren sich Hinweise darauf, dass Glyphosat krebserregend ist: die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kam im März 2015 zum Ergebnis dass Glyphosat wahrscheinlich auch für Menschen eine krebserzeugende und erbgutschädigende Wirkung hat. Bei einer ersten europaweiten Stichprobenuntersuchung 2013 wurde bei 70% der deutschen Teilnehmer eine Glyphosatbelastung im Urin festgestellt; eine Fortsetzungsstudie in Deutschland läuft derzeit (www.urinale.org).
Allein in Deutschland sind derzeit fast 100 Produkte mit dem Wirkstoff Glyphosat zugelassen. Außerdem befinden sich in den zum Teil sogar in Baumärkten erhältlichen Produkten weitere giftige Hilfs- und Wirkstoffe. Zudem gibt es Hinweise auf eine Schädigung des Bodenlebens durch die Beeinträchtigung von Mikronährstoffen, eine starke Zunahme resistenter unerwünschter Pflanzen. Auch andere Herbizide/Pestizide beeinträchtigen Mensch und Natur, daher soll auf deren Einsatz auf städtischen/gemeindlichen Grundstücken und auch im Kleingartenbau verzichtet werden.
Eine Ökologisierung der gemeindlichen Grünflächenpflege ist dringend erforderlich. Insbesondere Bienen und Wildbienen brauchen eine vielfältige artenreiche Flora. Auch aus Gründen des Klima- und Bodenschutzes ist eine Offensive längst überfällig.